Ein Raum für kollektive Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt

Ein Raum für kollektive Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt – ein Workshop für Betroffene Tagesworkshop mit der Gruppe „Sichtbar & Selbstbestimmt“

Wann? 25. Mai 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr
W0?
Adresse nach Anmeldung
all gender

Der Workshop ist von Betroffenen für Betroffene von sexualisierter Gewalt / Vergewaltigung. Der Workshop ist offen für alle gender und wird in deutscher Lautsprache stattfinden. Angaben zu räumlichen Barrieren und Umgang mit Hygiene-Vereinbarungen folgen per Mail. Die Maximalanzahl der Teilnehmenden liegt bei 12, die Mindestanzahl bei 7.

Mehr im Flyer:

Für eine antisexistische Praxis in der linken Szene!

Sharepic "Für eine antisexistische Praxis in der linken Szene! Der ASE stellt sich vor. 13.03.2023, 19 Uhr" mit lila Herz und Faust

Wann? Montag, 13.03.2023, 19 Uhr
Wo? [L50], Erfurt
Worum geht es? Sexualisierte Gewalt und Unterstützungsarbeit 

Wir sind der Antisexistische Support Erfurt (ASE) und möchten euch einladen, uns kennenzulernen und über Möglichkeiten zu sprechen, Betroffene zu supporten.

Allerspätestens die Vielzahl von Outcalls ab 2020 über sexualisierter Gewalt durch Männer in der Thüringer und Erfurter ‚linken‘ Szene (z.T. dokumentiert in der Chronik von ‚Das schlechte Gewissen‘) war der Schuss, den wir alle gehört haben sollten, um den Sexismus und die Gewalt in unseren Zusammenhängen zu erkennen und uns ernsthaft zu fragen: 

Wie können wir Betroffenen von sexualisierter Gewalt solidarisch zur Seite zu stehen? Wie stoßen wir gemeinsam emanzipatorische Veränderungen an? Wie kommen wir hin zu einer konsequenten antisexistischen Praxis? 

Mit einer Abendveranstaltung am 13.03.2023 um 19 Uhr möchten wir den ASE vorstellen und mit euch ins Gespräch kommen. Mit euch Interessierten, euch, die selbst aktiv in antisexistischen und antifaschistischen Zusammenhängen sind oder es gerne wärt, euch betroffenen und unterstützenden Menschen und euch, die vielleicht Lust haben, bei uns mitzumachen. Am Ende wollen wir gestärkt und besser vernetzt aus dem Abend gehen.

  • Die Veranstaltung ist all gender – offen für Menschen aller Geschlechter. Bei Interesse schaffen wir auch Raum für Austausch nur unter FLINTA*.
  • Wir stehen solidarisch und parteiisch hinter Betroffenen patriarchaler, sexualisierter Gewalt egal welcher Art. Die Veranstaltung ist kein Raum für Täter*innen oder Täter*innenschutz – die Rechtfertigung oder Verharmlosung des gewaltvollen Verhaltens von Täter*innen hat hier – und auch sonstwo – keinen Platz.
  • No Cops, no Nazis
  • Bitte kommt möglichst getestet und mit Maske.

Um den feministischen Kampftag am 8. März 2023 findet in und um Erfurt eine ganze Reihe weiterer Veranstaltungen statt, die ihr auf dem Blog der 8.März-Vernetzung findet.

Feminismus oder Schlägerei? Artikel in der Lirabelle

Wir haben uns in einem Artikel in der Lirabelle, einer undogmatisch-linke Zeitschrift aus Erfurt, vorgestellt. Den Artikel findet ihr in der gedruckten Ausgabe Lirabelle #27 (Sommer 2022) und online auf lirabelle.noblogs.org. Außerdem spiegeln wir den Text hier:

Feminismus oder Schlägerei?

Von lirabelle | Veröffentlicht: 2022/08/21

Der Antisexistische Support Erfurt stellt sich vor und schreibt über Ursachen und Folgen von Sexismus in der Szene sowie über feministische Handlungsperspektiven.

CN: Im Text geht es um Sexismus in der linken Szene und auch sexualisierte Gewalt, ohne bei letzterer ins Detail zu gehen. Passt auf euch auf, Texte müssen nicht allein gelesen werden.

Als linksradikal organisierte FLINTA*s sind wir nicht nur mit Repression und Gewalt von staatlichen Institutionen und (anderen) politischen Gegner*innen konfrontiert, sondern auch mit Sexismus und sexualisierten Übergriffen aus den „eigenen“ Reihen. Spätestens seit der Veröffentlichung der ersten Outcalls mit Bezug auf Menschen aus der linken Szene wird deutlich, dass das Patriarchat auch in linke, per Selbstverständnis emanzipatorische Kontexte hineinwirkt.

Wie entsteht überhaupt ein solches Szeneversagen? Warum braucht es erst öffentliche Outcalls, um von Strukturen eine Reaktion zu erhalten und weshalb ist diese Reaktion noch immer viel zu häufig geprägt von langem Schweigen oder krasser Abwehr? Wie können wir die viel zu große Leerstelle in der Unterstützung von Betroffenen und im Umgang mit szeneinterner sexualisierter Gewalt füllen?

Im Frühjahr luden wir als Antisexistischer Support Erfurt (ASE) zum ersten Mal zu einer öffentlichen Veranstaltung ein, um in Präsenz miteinander zu reden. Auch wenn wir einige Leute vermisst haben, der Austausch mit über zwanzig Menschen bei unserem Kennenlern- und Diskussionstreffen war bereichernd und bestärkend. Wir wollen die Diskussion nicht abreißen lassen – und nehmen hier deshalb eine kleine Bestandsaufnahme vor. Auf Basis von Feststellungen, Frustrationen, Fragen und Vorschlägen aus unserer Veranstaltung und eigenen Erfahrungen und Beobachtungen werfen wir mal einen Blick auf die Lage der Thüringer Szene und ihre antisexistischen Praxis.

Was ist hier los? Analyse der bestehenden Probleme

Die klassischen Mechanismen der patriarchalen Zustände im Szenekontext sind den meisten von uns sicherlich bereits am eigenen Leib bekannt: Männlich dominiertes Redeverhalten im Plenum, das sehr bereitwillige Übernehmen von glorreichen Aufgaben durch die cis-männlichen Mitglieder politischer Gruppen – sei es das Halten eines öffentlichen Vortrags oder das Durchziehen dieser oder jener waghalsigen direkten Aktion. Dieser Umstand bedingt das Phänomen von „Quoten-FLINTA*s“, die ausnahmsweise für bestimmte Themen die erste Reihe der Demo bereichern dürfen oder den ein oder anderen Redebeitrag in der Öffentlichkeit halten. Dieselben FLINTA*s sind im politischen Alltag oft verantwortlich für unliebsame und unsichtbare Arbeiten wie die Plenumsvorbereitung, das Verfassen und Archivieren von Protokollen, das Entlasten, wenn irgendwem mal etwas zu viel wird, das Mitdenken, ob gerade alle mitgedacht werden oder für die ausführliche psychische und manchmal physische Nachsorge nach politischen Aktionen.

Bei Aktionen von militanterer Gestalt erleben wir, dass jene Militanz oft eine von Mackern dominierte ist. Das harte Auftreten und Handeln einer antifaschistischen Bewegung nach außen ist zugegebenermaßen wichtig – denn schließlich sollen sich Bullen und Nazis in unserer Gegenwart unwohl, unsicher und unterlegen fühlen (und das irgendwann auch tatsächlich sein). Doch dann finden sich gespielte Härte, Dominanzgebaren, Hierarchien und ausgefahrene Ellenbogen nicht selten auch in der eigenen Gruppendynamik wieder. Vermutlich kann kein*e Antifaschist*in behaupten, bei diesem Spiel niemals mitgespielt zu haben. Und wir fragen uns: Why?! Kämpfen wir nicht für eine andere Utopie?

Wir müssen hinterfragen, auf wen wir abschreckend, hart und eingeschworen wirken wollen und auf wen nicht. Sollen die „Einstiegschancen“ in die Szene so hochschwellig und die Wissenshierarchien so enorm sein für Menschen, die neu aktiv werden wollen? Denn das hören wir immer wieder, vor allem von FLINTA*s.

Also: Reden wir doch mal mehr und feministisch über Militanz!

Awareness, Empathie und ein kritischer sensibler Blick auf die Verletzlichkeiten und Verletzungen einer politischen Struktur werden in den meisten Fällen von FLINTA*s an den Tag gelegt, während viele cis Typen in denselben Strukturen nicht einmal ausreichend Feingefühl aufbringen können, um sexistische „Witze“, Sprüche oder Verhaltensweisen des politisch-persönlichen Miteinanders zu bemerken, geschweige denn eigenständig anzusprechen oder kritisch auszuwerten.

Uns ist klar, dass die politische Realität keiner so scharf gezeichneten Schablone entspricht. Mitnichten wollen wir nur stumpf das verstaubte Bild reproduzieren, dass alle harten cis Männer alles verkacken und alle sanften und sensiblen FLINTA*s alles retten. Im Gegenteil: Wir erleben selbst an vielen Stellen auch ein praktisch-solidarisches Miteinander, in dem die politische Arbeit gegen die herrschenden Zustände all gender sogar noch Spaß macht, FLINTA*s, die die krassesten Sachen reißen und cis-männliche Genossen, die danach auch mal selbstverständlich hinter uns aufwischen – aber an vielen Stellen eben nicht. Im Schnitt kommen wir als Linksradikale jedenfalls nicht so gut weg und vor allem nicht weiter mit immer noch erstaunlich rollenklischee-verhafteten Arbeitsteilungen.

Radikale politische Arbeit, die über Gesetze hinweg und gegen bürgerliche Normen vorgeht, setzt ein enormes Vertrauen unter uns als Kompliz*innen voraus. Wenn also ein Mensch sich traut, die eigene Erfahrung sexualisierter Gewalt zu benennen, ist ein attraktiver Reflex, diesem vermeintlichen Angriff auf die vertrauten Beziehungen zu Genoss*innen mit Abwehr zu begegnen. Das Vertrauen, das uns dabei hilft, gemeinsam Kämpfe zu führen, die allein nicht zu bewerkstelligen sind, hemmt die Auseinandersetzung mit eigenem problematischem Verhalten. Stattdessen ist eine gern gezogene Konsequenz, dann gegen die Betroffenen als „Szenespalter*innen“ zu schwadronieren – statt anzuerkennen, dass das politische Vertrauen ineinander wiederholt vor allem von Männern missbraucht wurde, um Rape Culture in der eigenen politischen Blase zu praktizieren und dieses Problem nachhaltig anzugehen.
Es lohnt sich also, Versäumtes nachzuholen und uns doch nochmal ganz selbstkritisch zu fragen, was eigentlich unser politischer Konsens ist: Für was kämpfen wir? Und wer ist eigentlich „wir“, warum und mit welchen Zielen stehen wir eigentlich als Genoss*innen zusammen? Wer oder was ist tonangebend? Ist Feminismus dabei nur ein Nebenschauplatz?

Folgende These: Wir sind Teil einer politischen Linken, die für die Emanzipation und Befreiung jedes einzelnen Menschen kämpft und dabei tagtäglich um die Fortführung ihrer Kämpfe bangt – also stetig die letzten Kapazitäten zusammenkratzt, um handlungsfähig zu bleiben. Es ist bitter, aber wir sind halt zu wenige. Wir müssen wohl oder übel Prioritäten setzen. Die Priorität kann sein, eine für den Moment schlagkräftiger wirkende antifaschistische Linke zu sein, die aber auch nach innen um sich schlägt und sich selbst verletzt – eine schlechte Wahl. Oder wir können die Priorität setzen, uns zu einer feministischen, antifaschistischen Linken entwickeln zu wollen.
Das heißt auch, dass der Ausschluss einzelner tragender, aber gewaltausübender Szene-Männer zum Schutz von bereits oder potenziell Betroffenen oder aber entsprechende „Fehlzeiten“ zugunsten von antipatriarchaler Aufarbeitung und Auseinandersetzung in Kauf genommen werden müssen – und wir zeitweise über weniger Kapazitäten für lange Redebeiträge, Infoveranstaltungen, schöne Banner oder den zur Überspitzung hier angeführten Adorno-Lesekreis verfügen. Wenn es ebenso ehrliche antifaschistische und feministische Ideale sind, für die wir streiten, muss das irgendwie drin sein. Und wir behaupten nicht, dass das einfach ist. Optimismus ist ein rares Gut. Wir wissen auch nicht, wie wir das alles schaffen sollen – aber wir müssen es eben versuchen.

Was machen wir jetzt? Schritte zur Überwindung der Verhältnisse

Die ernüchternde Antwort ist, dass es keinen einfachen Weg zur schnellen Auflösung der beleuchteten Widersprüche gibt. Viele der folgenden Vorschläge beziehen sich auf Präventionsmaßnahmen, die erst langfristig zu einer erfolgreichen Umstrukturierung politischer Zusammenhänge führen können.

Zunächst muss das Bewusstsein über das Vorkommen sexistischer Gedankengänge und Verhaltensmuster akzeptiert werden. Wir sehen uns selbst als feministische Szene, trotzdem schaffen wir es nicht immer, den Gedanken „Sowas gibt es bei uns nicht“ in Bezug auf sexistische Strukturen und verinnerlichte Machtstrukturen abzulegen. Die Erkenntnis, dass gesellschaftliche Missstände in unserer (linken) Mitte existieren, ist wichtig. Sonst können wir auch nicht nach innen und außen gegen ebendiese vorgehen.
Haben wir in unserer Gruppe, unserem Bündnis, unserem Haus oder Freund*innenkreis schon mal darüber geredet, was wir denn machen, wenn sich herausstellt, dass eine*r von uns sexualisierte Gewalt erfahren hat oder eine*r von uns sexualisierte Gewalt ausgeübt hat? Oder sind wir uns einfach nur einig in unserer Fassungslosigkeit und Empörung über die outgecallten Taten und Täter*innen und ruhen uns darauf aus, dass es diese Male zwar fast, aber immerhin eben nur fast vor der eigenen Haustür passiert ist?

Ein notwendiger Schritt ist unsere Emanzipation als FLINTA*s in politischen Kontexten. Wenn die bestehenden „Freiräume“ für uns eben (noch) keine Freiräume sind und manche Zugänge lieber nur von Mackern für Macker freigehalten werden, müssen wir eben selbst geeignete Räume aufbauen, in denen wir uns sicher(er) fühlen und fokussiert eine Gegenkraft zu männlich und patriarchal dominierten Abläufen aufbauen können. Zu unserer Ermächtigung gehört die feministische Selbstbildung – die parallel übrigens auch bei den cis Männern entsprechender Gruppen den Weg auf die Tagesordnung finden sollte – aber auch Cryptopartys, das Erlernen von Kampfsport, Recherche oder sonstigen Skills für politische Aktionen – oder auch, einfach mal zusammen rumzuschreien und der Wut über die ganze Grütze Luft zu machen.

Der Austausch untereinander über Erfahrungen im Bereich der sexualisierten Gewalt, über den Umgang mit Betroffenen und Täter*innen können und sollten zu Präventions- und Handlungskonzepte sowie Leitfäden und Hilfestellungen für Betroffene und deren Umfeld führen. Auch hier wollen wir betonen: Es ist nicht so, dass sich da gar nichts tut! Einige Strukturen und Räume erkennen die gemachten Erfahrungen mit patriarchaler Gewalt und Übergriffen unter ihrem eigenen Dach an – und realisieren, dass dieses Problem auch ihr Problem ist, wenn sie selbst nicht unmittelbar betroffen sind. Menschen bemühen sich, aus diesen Erfahrungen und Berichten zu lernen und praktische Konsequenzen zu ziehen. Das veto in Erfurt versucht das beispielsweise, hat ein Konzept entwickelt und sogar schon zum Austausch darüber eingeladen – doch das große Interesse – so unser Gefühl – bleibt aus. Es bleiben viele Strukturen und Räume, die genau dies nicht tun, Betroffenen nicht glauben und die Täter*innen schützen. Das ist super hart für Menschen, die hoffnungsvoll in solchen Strukturen verbleiben und sich erfolglos Beine ausreißen, um Veränderung anzustoßen. Sprecht solidarische Leute um euch oder auch uns an, wenn ihr euch alleine damit fühlt.

Wir müssen kontinuierlich an unseren blinden Flecken arbeiten und uns weiterbilden – praktisch in Bereichen wie Awareness und theoretisch bezüglich gesellschaftlicher Herrschaftsdynamiken. Gewalt und Dominanz, Hand in Hand mit Mackertum als politisches Mittel müssen hinterfragt, redefiniert und konkretisiert werden. Genauso muss unter Genoss*innen der Stellenwert ihrer politischen Arbeit besprochen werden. Die meisten Aktivist*innen betrachten ihre Arbeit in politischen Kontexten als sinnstiftenden und identitätsformenden Teil ihres Lebens.

Wenn jedoch Gewalt als Mittel in der militanten antifaschistischen Praxis stattfindet und gleichzeitig Einzug in unsere zwischenmenschlichen Beziehungen findet – die privat und daher auch politisch sind – muss reflektiert werden, welche Folgen diese Gewaltbereitschaft und dominantes Auftreten für Verhaltensweisen außerhalb des offensichtlichen politischen Kampffeldes mit sich bringen können. Gesellschaftliche Missstände und Zumutungen finden sich auch in unseren Strukturen – dies liegt auch an Erziehung und Sozialisation und der damit einhergehenden Verinnerlichung von patriarchalen Denk- und Handlungsweisen, die der Aufrechterhaltung eines unterdrückenden Systems dienen.

Nichtsdestotrotz gehen wir als Linke davon aus, dass dieses System veränderbar ist – auch unter Berücksichtigung der Selbstverantwortlichkeit jedes einzelnen Menschen. Und genau deshalb müssen wir uns mit Diskriminierungen, Gewalt und Grenzüberschreitungen in unseren Strukturen auseinandersetzen, kontinuierlich und gemeinschaftlich Lösungen finden und einen vereinten und unnachgiebigen Kampf für Veränderung führen.

Wie können wir Betroffenen solidarisch zur Seite stehen? Antisexistischer Support
Solange wir uns das Patriarchat, wie es durch uns und auf uns auch in unseren linken Kontexten wirkt, nicht ausgetrieben haben, müssen wir uns als Genoss*innen, die deshalb weiter klein gemacht, abgewertet und beleidigt, gestalkt, gecatcallt, begraptscht, gefilmt und entblößt, vergewaltigt und auf noch so viele Weisen verletzt werden, auffangen und unterstützen.

Da das aber eben leider noch nicht selbstverständlich ist, haben wir den ASE gegründet, mit dem Ziel, eine Supportstruktur für Betroffene zu sein. Entsprechend ihrer Bedürfnisse sollen Betroffene in Thüringen sich unseres Rückhalts und unserer Unterstützung gewiss sein, und dessen, dass ihre Gewalterfahrungen nicht infrage gestellt oder unter den Teppich gekehrt werden. Diese beiden Grundsätze, also die Parteilichkeit (also die Solidarität mit Betroffenen statt die Loyalität zu Täter*innen) und die Definitionsmacht (also die Anerkennung der Definition einer Gewalterfahrung durch die betroffene Person) sind für uns maßgeblich.

Die Erfahrung zeigt, dass betroffenensolidarische Umfelder bei den Strukturen, die sich immer noch schützend um die Täter*innen stellen, ständig gegen Wände rennen. Wir wollen solchen U-Gruppen, also Unterstützer*innengruppen für Betroffene sexualisierter Gewalt, wiederum unsere Unterstützung anbieten. Unterstützung kann und sollte je nachdem, was betroffene Personen brauchen, um sich wieder sicher zu fühlen, um wieder Vertrauen zu schöpfen und zu heilen, ganz unterschiedlich aussehen. Wenn wir von unserem Aktivismus des ASE reden, dann reden wir nicht von einer antisexistischen Dienstleistungsagentur für die Szene. Wir machen letztlich nur das, was wir weiterhin eigentlich von uns allen erwarten: Betroffene die beschissen schwere Last nicht alleine tragen lassen, dafür sorgen, dass sie wieder atmen, sich frei bewegen und weiter politisch aktiv sein können und auf eine langfristige Selbstermächtigung hinarbeiten.

Und auch in der Unterstützungsarbeit müssen wir auf Geschlechterverhältnisse schauen. Besagte U-Gruppen bestehen oft nur aus FLINTA*s, der ASE momentan auch. Das ist einerseits vermutlich dem immer noch mangelhaftem Interesse und Verantwortungsgefühl von vielen cis Männern in dieser Sache geschuldet, andererseits ist der Anspruch, dass eine U-Gruppe ein Schutzraum für FLINTA* sein muss, sehr naheliegend. (Wie) ist das möglich, wenn wir uns die Zustände anschauen? Diesen Ball spielen wir gerne an dieser Stelle an unsere männlichen Genossen zurück: Wie gedenkt ihr, gute Verbündete zu sein; wie wollt ihr unser Vertrauen, das ihr und eure übergriffigen Genossen zerrüttet habt, zurückgewinnen? Wenn ihr uns in diesem Kampf nicht alleine lassen wollt, müssen wir zusammen überlegen, wer was beitragen kann und wie wir die Herausforderungen gemeinsam schultern können. Wir wollen euch dafür nicht mehr hinterherrennen!

Wir wollen und müssen uns und andere bilden, aus gemachten Fehlern lernen, aus den frustrierenden, unfassbar entmutigenden ebenso wie den positiven Erfahrungen – und das als betroffene und betroffenensolidarische Akteur*innen in und über Erfurt hinaus. Deswegen greift auch hier das gute alte Zauberwort: Vernetzung! Neben Strukturen wie dem ASE braucht es Strukturen, die sich mit Gewalt ausübenden Personen und deren Umfeld auseinandersetzen, um zukünftigen Übergriffen einen Riegel vorzuschieben und die Transformation von Personen und Szene zu vollziehen.

Was der ASE macht, ist Symptombekämpfung. Das macht es jedoch nicht weniger wichtig für die gesamte Szene. Letztlich müssen wir uns alle – ob nun in der Antifa-Gruppe, dem mehr oder weniger radikalen Bündnis, der Küfa, dem Lesekreis oder dem Hausprojekt den Hut für eine antisexistische Praxis aufsetzen. Wir alle müssen auf unser Umfeld achten, Missstände anprangern, für Veränderung kämpfen und Strukturen etablieren, die jene Ziele wirklich umsetzen, die auf unseren Fahnen, an unseren Türen und auf den Stickern auf unseren Klos stehen. Dazu gehört das Arschtritte-Verteilen an übergriffige Macker und ihre Freund*innen (die oft wir selbst sind) ebenso wie das Zeit nehmen, um an unseren bisherigen Strukturen, Arbeitsweisen, unserer Mittäter*innenschaft, unserer Ignoranz und unserer linken Arroganz zu arbeiten, die diese Scheiße erst möglich gemacht haben.

Wie bei so vielen Zusammenschlüssen mit emanzipatorischen Zielen gilt auch für den ASE: Wir wären froh, wenn es uns gar nicht geben müsste. Lasst uns daran arbeiten, dass es uns nicht mehr braucht. Denn erst, wenn linke Strukturen tatsächlich antisexistisch, feministisch und solidarisch denken und handeln, kann ein gemeinsamer Kampf für eine Welt, in der wir alle frei sind, erfolgreich sein.

In diesem Sinne: Let‘s be careful with each other so we can be dangerous together.
Alerta antisexista, alerta antifascista!

Für eine antisexistische Praxis in der linken Szene! Der ASE stellt sich vor

Sharepic "Für eine antisexistische Praxis in der linken Szene! Der ASE stellt sich vor. 31.03.2022, 19 Uhr" mit lila Herz und Faust

Wann? Donnerstag, 31.03.2022, 19.00 Uhr
Wo? Thälmannstr. 50, 99085 Erfurt
Worum geht es? Sexualisierte Gewalt und Unterstützungsarbeit

Wir sind der Antisexistische Support Erfurt (ASE) und möchten euch einladen, uns kennenzulernen. 2020 haben sich diverse FLINTA*, die sexualisierte Gewalt durch linke Männer in der Thüringer Szene erfahren haben, mit Outcalls Gehör verschafft und Konsequenzen eingefordert. Allerspätestens das war der Schuss, den wir alle gehört haben sollten, um den Sexismus in unseren, in linken Zusammenhängen zu erkennen und uns ernsthaft zu fragen: 

Wie können wir Betroffenen von sexualisierter Gewalt in linken Kontexten solidarisch zur Seite zu stehen? Wie stoßen wir gemeinsam emanzipatorische Veränderungen an? Wie kommen wir hin zu einer konsequenten antisexistischen Praxis? 

Angetrieben davon, Antworten auf diese Fragen finden zu wollen und praktische Veränderung zu schaffen, haben wir uns Ende 2020 als ASE zusammengefunden. Wer ist dieser ASE? Der Antisexistische Support Erfurt, das sind wir – eine selbstorganisierte Gruppe (zurzeit) aus FLINTA*, die Betroffene sexualisierter Gewalt und betroffenensolidarische Menschen und Strukturen unterstützen und vernetzen möchte. Wir verorten uns in der radikalen Linken. Wir sind keine ausgebildeten Profis, sondern sehen den ASE als Teil eines Versuchs, gemeinschaftlich Verantwortung zu übernehmen für die Gewalt, die wir, unsere Freund*innen und Genoss*innen erfahren (haben), sie aufzuarbeiten und in Zukunft zu verhindern.  

Mehr über uns findet ihr auf antisexistischersupporterfurt.blackblogs.org 

Mit einer Abendveranstaltung am 31.03. um 19 Uhr möchten wir den ASE nun endlich mal öffentlich und face-to-face vorstellen, Input zu unserer Arbeit geben und mit euch ins Gespräch kommen. Mit euch Interessierten, euch, die selbst aktiv in antisexistischen und antifaschistischen Zusammenhängen sind, euch betroffenen und unterstützenden Menschen und euch, die vielleicht Lust haben, bei uns mitzumachen.  

Was habt ihr für Fragen? Was sind eure Ideen? Was sind Hürden? Wo steht ihr gerade? 

Am Ende wollen wir gestärkt und besser vernetzt aus dem Abend gehen. Was für Perspektiven dabei rauskommen, werden wir sehen. Wir sind gespannt und freuen uns auf euch! 

  • Die Veranstaltung ist all gender – offen für Menschen aller Geschlechter. Bei Interesse schaffen wir auch Raum für Austausch nur unter FLINTA*.
  • ANMELDUNG – Um besser planen zu können, wären wir dankbar, wenn ihr euch vorher anmeldet unter: kontakt-ase[ät]riseup.net
  • Wir stehen solidarisch und parteiisch hinter Betroffenen patriarchaler, sexualisierter Gewalt egal welcher Art. Die Veranstaltung ist kein Raum für Täter*innen oder Täter*innenschutz – die Rechtfertigung oder Verharmlosung des gewaltvollen Verhaltens von Täter*innen hat hier – und auch sonstwo – keinen Platz.
  • No Cops, no Nazis
  • Corona: Bringt euren 2G-Nachweis mit und bitte lasst euch testen oder testet euch selbst vorher nochmal. Wenn ihr euch krank fühlt, bleibt zuhause. Vielen Dank.

Podiumsdiskussion „Zum Umgang mit sexualisierter Gewalt in der linken Szene“

Beim Auftaktpodium des 30. Antifaschistischen & Antirassistischen Ratschlags Thüringen wird es um den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der linken Szene gehen. Unter anderem wird ein Mensch vom Antisexistischen Support Erfurt auf dem Podium mitreden.

Mehr Infos zum Ratschlag auf ratschlag-thueringen.de

Aus dem Ratschlag-Aufruf: „Ein expliziter Schwerpunkt werden dieses Jahr auf dem Ratschlag feministische Themen, insbesondere das Thematisieren patriarchaler Strukturen innerhalb der linken Szene einnehmen. Gerade nach dem Bekanntwerden der sexualisierten Übergriffe in Erfurt, Gotha, Jena und Saalfeld müssen auch wir uns unserer Verantwortung stellen, die patriarchalen Strukturen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Ratschlags zu reflektieren und versuchen zu durchbrechen. Selbstverständlich haben die Täter und die Täterschützer*innen auf dem Ratschlag nichts zu suchen.“

Redebeitrag zum 8. März 2021

Am 8. März 2021 haben wir als noch namenlose Struktur in Erfurt einen Redebeitrag für eine konsequente feministische Kultur in der ‚linken Szene‘ gehalten:

Für eine konsequente feministische Kultur in der ‚linken Szene‘

Wir wollen heute über patriarchale Strukturen und sexualisierte Gewalt in der ‚linken Szene‘ sprechen. Ein wichtiges Thema, das in der politischen Praxis und Eigenbetrachtung immer wieder hinten runter fällt und erst dann wieder in den Fokus rückt, wenn Fälle sexualisierter Gewalt in der eigenen Szene öffentlich werden. Hier hat das letzte Jahr in Thüringen einen traurigen Höhepunkt dargestellt. So wurden in Jena, Saalfeld, Gotha und auch Erfurt Fälle bekannt, in denen die Täter zumeist über Jahre hinweg physische und psychische Gewalt gegen FLINTA ausgeübt haben. Täter, die in der ‚linken Szene‘ verortet sind und dort zum Teil auch hohes Ansehen genossen haben und zum Teil noch genießen. An dieser Stelle möchten wir den Betroffenen unsere volle Solidarität und Unterstützung aussprechen.

Uns ist bewusst, dass jede Person für sich mit dem öffentlichen Outcall einen mutigen Schritt gegangen ist. Davor haben wir großen Respekt und dafür sind wir ihnen dankbar. Denn sie haben noch einmal klar gemacht: Auch in der linken Szene bleibt die politische Praxis zumeist stark hinter dem eigenen emanzipatorischen Selbstverständnis zurück. Und so wird nach Veröffentlichungen sexualisierter Gewalt immer wieder die Frage laut, wie diese so lange geschehen und in linken Kreisen ungesehen, oder aber ignoriert bleiben konnte. Und die Antworten ähneln sich und zeigen Muster auf. Das Patriarchat macht auch vor der linken Politgruppe, dem Hausprojekt, der Band etc. nicht halt. Sexismus ist hier genauso weit verbreitet wie im Mainstream. Männerbünde und Freund*innenschaften überlagern den sensiblen und kritischen Blick. Fällt der Genosse doch mal zu sehr mit sexistischem Verhalten auf, wird dies weggeschwiegen, ignoriert oder weggelacht. Problematisches Verhalten zu thematisieren, könnte ja dazu führen, selbst in einen Konflikt hineingezogen zu werden, unbequeme Gespräche zu führen und sich selbst positionieren zu müssen. Manchmal werden übergriffige Typen auch aus dem politischen Kontext ausgeschlossen. Doch die konsequente, weitere Beschäftigung bleibt häufig aus, oder muss durch Unterstützer*innengruppen (kurz U-Gruppen) oder gar die Betroffenen selbst immer wieder angestoßen werden – was mit einem doppelten, verletzenden und zehrendem Kraftakt verbunden ist. Betroffene fallen in diesen Prozessen viel zu häufig noch ‚hinten runter‘, denn sie werden – nach dem ersten Schock und der Empörung – kaum proaktiv gefragt, wie es ihnen mit der Situation eigentlich geht und wo sie sich Unterstützung brauchen. Es scheint, als wäre nicht das sexistische Verhalten das Problem, sondern die Problematisierung dessen.

Das alles kann dazu führen, dass FLINTA, die unter mackrigem Verhalten leiden, sich mitunter nicht trauen, das Verhalten des angesagten Cis-Polit-Mackers anzuprangern. Aus Angst, negativ aufzufallen, unbequem zu sein, als zu empfindlich zu gelten, abgewertet zu werden.

Die vielen Formen des Mackertums – Ausformungen von patriarchalen Strukturen

Mackertum ist vielfältig und ist eingebettet in tiefliegende patriarchale Strukturen. Mackertum findet sich in verschiedenen Varianten in linker Praxis und Subkultur wieder. Um dies zu erkennen, können wir uns zum Beispiel fragen:

Wer nimmt im Plenum wie viel Raum ein? Wer spricht wie häufig und wie laut? Welche Perspektiven bekommen einen Raum und welche nicht? Wie häufig passiert es, dass cis Männer einen Monolog halten, die Positionen von FLINTA jedoch nicht mitgedacht und nicht gehört werden? Wie viel Anerkennung/ Raum gibt es für Erfahrungswissen und Emotionalität im Vergleich zu Theoriearbeit?

Wer steht bei Demos in der ersten Reihe? Wer wird hier für welche Aufgaben angesprochen? Wer achtet darauf, dass es den Personen rundherum gut geht? Und ganz allgemein: Wer darf wobei mitmachen?

Wie oft werden FLINTA, Queers, Schwarze Menschen und People of Colour als Referent:innen eingeladen und wie oft halten weiße cis Typen Vorträge? Und wie sieht die Kommunikation im Anschluss an einen Vortrag aus? Wer diskutiert mit? Wer stellt Fragen und wer nutzt den Raum für eigene Monologe?

Wer macht die Technik bei Veranstaltungen? Wer wird als Ansprechpartner*in wahr- und ernst genommen? Wer ist in Awareness-Strukturen aktiv? Wer trägt und unterstützt diese und wer hält sie für überflüssig?

Wer steht bei Konzerten auf der Bühne? Und wer pogt mittig vor der Bühne? Wer kann sich frei bewegen, sein T-Shirt ausziehen, wenn ihm warm ist? Und wer muss darauf achten, dann nicht sexualisiert und belästigt zu werden? Wer macht Typen darauf aufmerksam, dass sie ihre T-Shirts bitte wieder anziehen sollen und wer belächelt das?

Wer übernimmt welche Rollen beim Schutz machen? Werden weibliche Türsteher:innen mitgedacht und in die Arbeit mit einbezogen?

Werden bei der Selbstverteidigung oder beim Kampfsport andere als cis männliche Erfahrungshintergründe beachtet? Was heißt es, als nicht cis männliche Person in engem Körperkontakt Sport zu machen? Warum muss auch beim Sport einem männlichen Ideal von Körper und Können nachgeeifert werden?

Wer entscheidet, welcher Kleidungsstil und welcher Stil zu sprechen ‚cool‘ ist? Wer entscheidet, dass Emotionalität in der politischen Praxis nix zu suchen hat? Wer trägt dazu bei, dass private Beziehungen entpolitisiert werden?

Wer hierarchisiert die Theorien, mit denen sich politische Gruppen beschäftigen? Und wer denkt, es immer nochmal besser zu wissen und zum Beispiel sein vermeintliches Wissen zum Patriarchat kundtun zu müssen?

Und ist unseren männlichen „Nazihunter Genossen“ eigentlich klar, dass wir bei einer körperlichen Auseinandersetzung mit Faschos neben körperlicher auch sexuelle Gewalterfahrungen riskieren? Und denken sie so etwas in irgendeiner Form mit?

Die Antworten auf diese Fragen sind frustrierend und sie zeigen einige Probleme der linken Szene auf.

Und auch jetzt müssen wir uns wieder fragen:

Wer bearbeitet diese Themen und gibt ihnen Öffentlichkeit? Wer arbeitet die tief eingeschriebenen Geschlechterverhältnisse heraus, macht sie sichtbar, prangert sie an und bleibt an den Themen dran? Wer legt den Finger in die Wunde und wendet darauf viele Ressourcen auf?

Es sind FLINTA, die immer noch viel zu selbstverständlich Care-Arbeit leisten, die emotional sehr belastend und die gleichzeitig unabdingbar ist, um die Strukturen am Laufen zu halten. Denn es braucht es eben jene, die Raum geben, für das Wohlfühlklima sorgen, gern von anderen lernen und sich lieber zurücknehmen, als sich zu beschweren. Doch seit FLINTA begonnen haben, sich gegen den ihnen zugewiesenen Platz (in der zweiten Reihe) zu wehren, gibt es Stunk. FLINTA, die den Mund aufmachen und cis Typen auf problematisches und beschissenes Verhalten hinweisen, werden schnell als Nestbeschmutzer:innen und als unsolidarisch diffamiert. Diese Reaktion beschränkt sich leider nicht auf cis Typen. Auch andere FLINTA können ein solches System mittragen. Vielleicht, weil diese Strukturen sich auch in uns zu tief eingeschrieben haben. Vielleicht weil wir gelernt haben, dass wir Härte brauchen, um anerkannt zu werden. Vielleicht auch auf Grund fehlender Sensibilisierung, oder der Angst des Statusverlusts in der Gruppe oder Szene.

Wenn FLINTA sexistische Strukturen oder sexistisches Verhalten auch in der eigenen Blase anpragern, kann dies nicht als einzelner, losgelöster Akt begriffen werden. Ebenso wenig wie die Auseinandersetzung mit solchen Outcalls. Diese wird häufig mit dem Aufbrechen und der Bearbeitung von eigenen, schmerzhaften Erfahrungen begleitet. Es geht dabei nicht um einen reinen theoretischen Diskurs, sondern um Selbstermächtigung und darum, uns Luft zum Atmen zu verschaffen.

Für eine wirkliche Veränderung der Verhältnisse, müssen wir das Problem bei der Wurzel packen und so radikal und konsequent bearbeiten, wie wir uns mitunter anderen politischen Feldern widmen. Uns ist bewusst, dass noch viel zu tun ist, und wir hier nur Denkanstöße liefern können. Dennoch haben wir einige Forderungen erarbeitet:

Hin zu einer queer_feministischen und antisexistischen Szene

Eine Möglichkeit, um die Verhältnisse konsequent zu ändern, ist eine andere Kommunikationskultur zu schaffen. Wir fordern, dass sich Menschen in der linken Szene mit ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen auseinandersetzen und diese klar kommunizieren können. Wir fordern, angehört zu werden und dass uns zugehört wird – bevor eine Gegenrede vorbereitet wird. Wir fordern, dass Kritik von FLINTA erst mal hin- und angenommen wird – und mindestens darüber nachgedacht wird, ohne dies gleich argumentativ zu zerfetzen.

Wir fordern, dass gesellschaftliche Machtverhältnisse in den eigenen Strukturen mitgedacht werden. Das heißt, unterschiedliche Erfahrungshintergründe und gesellschaftliche Positionierung müssen in unserem Alltag mit einbezogen und ernst genommen werden. Erfahrungen sollen nicht abgesprochen oder abgetan werden, sondern wahr- und ernst genommen. Das bedeutet auch: Care-Arbeit braucht mehr Raum in politischen Zusammenhängen.

Es sollen Konsequenzen folgen beim eigenen Verhalten: Nicht nur reflektieren, sondern auch das eigene Verhalten hinterfragen und verändern. Es ist wichtig, dass ein Perspektivwechsel vorgenommen wird. Wir wollen, dass sich Menschen in andere hineinversetzen und empathisch sind. Wir fordern eine kollektive Verantwortungsübernahme. So, dass nicht mehr Betroffene und deren Unterstützer:innen Aufarbeitung und die Veränderung in den Strukturen vorantreiben müssen, sondern dies ganz selbstverständlich und mit Kraft, Wut und Konsequenz aus den eigenen
Strukturen erfolgt.

Wir fordern eine feministische Solidarität, die nicht bloß bei Lippenbekenntnissen bleibt, sondern in der sich Menschen tatkräftig unterstützen und füreinander und vor allem für betroffene Menschen einstehen und füreinander da sind.

Ein Schritt hin zu einer feministischen Solidarität stellt unsere Gruppe dar, mit der wir die Vernetzung von FLINTA stärken und Support aus Erfurt anbieten möchten.

Ein anderer Schritt ist der Support von Betroffenen zum Beispiel in Form von Unterstützungs-Gruppen-Arbeit. Hier hat das letzte Jahr gezeigt, wie stark solche U-Gruppen die Aufklärung vorantreiben, Konsequenzen ableiten und fordern. Wie kraftgebend und empowernd sie damit sind und wie stark sie auch in die Szene hinein wirken.

Auch das Hinterfragen und Verändern des eigenen mackerhaften und unsolidarischen Verhaltens kann ein weiterer Schritt sein zu einer emanzipatorischeren Szene sein.

Wir fordern, dass feministische Anstriche auch mit feministischen Inhalten untermauert werden, und diese konsequent auch so gelebt werden!